Energiewende und Digitalisierung gehen Hand in Hand
Nachhaltige Energieversorgung braucht innovative Technologien: Auch das Messwesen im Bereich der Stromerzeugung hat sich im Zuge der Energiewende und insbesondere durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende grundlegend verändert. Der Hintergrund: Durch die dezentrale und volatile Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wie zum Beispiel Wind- und Solarkraft lässt sich die Last im Stromnetz nicht mehr ohne Weiteres regulieren. Daher wird zukünftig ein Informationsaustausch notwendig sein, um Stromerzeugung, -verbrauch und -speicherung dynamisch zu steuern und in Einklang zu bringen. Dieser Informationsaustausch soll mithilfe von Smart Metern erfolgen.
Smart Meter – was ist das eigentlich?
Smart Meter erklärt
Letzteres ermöglicht eine Datenübertragung von und zur Messeinrichtung. Somit können Daten über Einspeisung, Verbräuche und den Netzzustand erhoben werden, um bei Bedarf gegenzusteuern und die Versorgung sicherzustellen. Doch die Smart Meter sollen nicht nur die Steuerung der Stromnetze erleichtern, sondern auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern nutzen. So sollen unter anderem variable Tarife ermöglicht werden, die beispielweise eine differenzierte Abrechnung nach unterschiedlichen Verbrauchszeiträumen, einem bestimmten Mengenkontingent oder Laststufen ermöglichen. Außerdem können die Messwerte den Endverbraucher*innen dabei helfen, ihren Verbrauch zu kontrollieren und besser zu steuern.
Weitere Infos:
Genaue Informationen über die Messwerterfassung sind in den Tarifanwendungsfällen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) definiert.
Schritt für Schritt zu intelligenten Messsystemen
Im Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende ist der Ausbau von intelligenten Messsystemen für einen Zeitraum von 15 Jahren festgelegt worden. Der offizielle Startschuss für den Rollout fiel im Februar 2020, als das BSI die „Marktanalyse zur Feststellung der technischen Möglichkeit zum Einbau intelligenter Messsysteme nach § 30 MsbG“ veröffentlichte. Zu diesem Zeitpunkt konnten drei Hersteller die hohen Sicherheitsanforderungen des BSIs an Smart Meter Gateways (SMGW) erfüllen und die erforderlichen Funktionen bereitstellen. Der Einbau der intelligenten Messsysteme für Endverbraucher*innen erfolgt zunächst ab einem Verbrauch von 6.000 kWh pro Jahr. Für alle, die weniger verbrauchen, ist die Umrüstung optional.
pro Jahr
Update:
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat auf Klage eines Aachener Unternehmens vorläufig die Einbauverpflichtung für intelligente Messsysteme gestoppt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Allgemeinverfügung mit der Feststellung der technischen Möglichkeit der Ausrüstung von Messstellen mit intelligenten Messsystemen voraussichtlich rechtswidrig sei, da die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt werden. Dies wird auf ein Defizit der Anlage VII der Technischen Richtlinie TR-03109-1 des BSI zurückgeführt, da diese hinter den Interoperabilitätsanforderungen des Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) zurückbleibt und zusätzlich nicht ordnungsgemäß mit Anhörung des Ausschusses für Gateway-Standardisierung zustande gekommen sei. Das Verwaltungsgericht Köln wird in der Sache abschließend entscheiden.
Quelle: https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/18_210305/index.php
Herausforderungen des Smart Meter Rollouts
Die Anbindung von Messinstrumenten an ein Kommunikationsnetz beinhaltet schon auf den ersten Blick eine Reihe von Herausforderungen :
- Wie soll die Anbindung erfolgen? Insbesondere bei einer kritischen Infrastruktur wie dem Stromnetz ergeben sich spezielle Anforderungen an die Zuverlässigkeit oder Schwarzfallfestigkeit – also der Funktionserhaltung während eines Stromausfalls – der Telekommunikationsanbindung.
- Wie kann ein ungewünschter Fremdzugriff auf die Messsysteme verhindert werden? Messwertmanipulationen und Betrug können wirtschaftliche Schäden verursachen – aber auch die nationale Sicherheit ist von einer zuverlässigen Stromversorgung abhängig. Ein langanhaltender, großflächiger Stromausfall kann außerordentliche Konsequenzen für die gesamte Gesellschaft nach sich ziehen. Ein solches Szenario hat Marc Elsberg in seinem fiktiven Roman „Blackout“ lebhaft dargestellt.
- Wie langlebig sind solche Produkte – sind die Geräte in der Lage, den Ansprüchen an ein intelligentes Stromnetz langfristig gerecht zu werden? Technik ist schnelllebig, sei es der reine Funktionsumfang von intelligenten Messsystemen oder auch die Anbindung ans Kommunikationsnetz (z.B. 5G).
Anbindung über die 450-MHz-Frequenz
Die IT-Sicherheit will das BSI durch Zertifizierungen sicherstellen; die anderen beiden Fragen sind bislang jedoch nicht abschließend geklärt. So soll die Anbindung an das Telekommunikationsnetz vorzugsweise über die 450-MHz-Frequenz erfolgen – diese eignet sich besonders für den Aufbau eines flächendeckenden und zuverlässigen Netzes. Allerdings lässt sich bisher noch nicht abschätzen, bis wann dieses Netz ausreichend ausgebaut werden kann. Da der Rollout von intelligenten Messsystemen jedoch schon gestartet ist, muss bis dahin auf andere Technologien zurückgegriffen werden.
Technologiemix notwendig
Neben der 450-MHz-Frequenz stehen dabei auch noch andere Technologien wie LTE, Breitband-Powerline oder Glasfaser zur Verfügung, die alle ihre Vor- und Nachteile besitzen. Bis zur Verfügbarkeit eines dedizierten Netzes wird daher ein Technologiemix notwendig sein. Über die weitere Entwicklung halten wir Sie gerne in unserem Blog auf dem Laufenden – und natürlich stehen Ihnen die Expert*innen von TÜV Rheinland für Fragen zur Verfügung. Weitere Informationen zum Thema “Kritische Infrastruktur“ finden Sie hier: https://www.tuv.com/germany/de/lp/academy-lifecare/kritische-infrastrukturen/
Autor des Beitrags

Carlo Kammler
Network Consulting & Planning
Meist gelesene Beiträge
Ein Tag mit dem Wasserstoffauto
Sicherheits-Check für Industrie-Roboter
Kommentare
0 Kommentare