Der Strom reißt nicht ab. Jeden Tag schwappt eine gigantische Datenflut an Nachrichten über uns hinweg. Allein über WhatsApp werden täglich weltweit rund 100 Milliarden Nachrichten verschickt. Wobei der Begriff Nachricht in den Lehrbüchern für Journalismus anders aufgefasst wird …

ADAC-Pannenhilfe per Fahrrad – eine Nachrichten-Perle

„Die Nachricht ist eine direkte, auf das Wesentliche konzentrierte und möglichst objektive Mitteilung über ein neues Ereignis, das für die Öffentlichkeit wichtig und/oder interessant ist.“ Über WhatsApp erhalte ich, wie wahrscheinlich die meisten von uns, was mir Nachbarn, Verwandte, Freund*innen und Bekannte so alles eben schicken: Memes, Karikaturen und Fotomontagen, selten gute Witze, dafür aber aus halb Europa schöne Urlaubsbilder. Es kommt äußerst selten vor, dass ich über WhatsApp eine Nachricht erhalte, die diese journalistische Definition erfüllt.

Mein besonderes Interesse gilt vor allem seltsamen, komischen und lustigen Nachrichten. Meine drei Tageszeitungen sind für mich dafür immer noch die beste Fundgrube. Das Netz ist schneller und flüchtiger, Papier ist geduldiger, meistens aber auch tiefgründiger. Ich suche und stöbere gerne nach Wissen-macht-Ah-Momenten, nach den Trüffeln eben, die in der Flut von Nachrichten im Netz eher selten zu finden sind.

Nach wochenlanger Flaute stieß ich neulich im Berliner Tagesspiegel mal wieder auf eine wahre Perle. Es war nur eine kurze Nachricht, dafür aber eine sensationelle, wie ich fand. Perplex blieb mein Blick an der Überschrift kleben. Langsam und leise sprach ich Buchstabe für Buchstabe vor mich hin: A – D – A – C. Danach wie ferngesteuert den vollständigen Namen: Allgemeiner Deutscher Automobil-Club. Baff vor Erstaunen las ich die gesamte Überschrift: „ADAC-Pannenhilfe: Saisonstart für das E-Bike-Projekt“. Unter der Überschrift war ein Foto abgedruckt. Im Bild: ein Pannenhelfer mit signalgelbem Helm und Fahrradkleidung. Am E-Bike hing ein genauso signalgelber Anhänger. An den Seiten klebten Schwarz auf Gelb unübersehbar vier Buchstaben: ADAC.

80 Prozent aller Pannen können die E-Bike-Engel beheben

Ich war begeistert. Es kam mir vor wie eine Revolution. Die Interessensvertretung von über 22 Millionen Autofahrer*innen war endlich aufs Rad gekommen – nicht nur in Berlin, sondern auch in Köln und anderen größeren Städten. Dass die Pannenhilfe mit E-Bikes ein Projekt ist, das schon seit einigen Jahren jeweils von Ende Mai bis Ende September läuft, haben bis heute leider nur die Wenigsten mitbekommen.

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aller Pannen können die E-Bike-Engel beheben

Graziös schlängeln sich die Gelben Engel auf ihren Zweirädern an den tagtäglichen Blechlawinen in deutschen Großstädten vorbei. Sie können Busspuren und die meisten Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung nutzen und sind in Großstädten im dichten Verkehr in der Regel schneller vor Ort, um auch in den engsten Gassen, Tiefgaragen und Parkhäusern zu helfen. Bis zu 70 kg Werkzeug dürfen im Pannenhilfe-Anhänger transportiert werden. Darin unter anderem ein Diagnosegerät, Batterietester, Starter-Pack, Schraubenschlüssel und ein Kompressor. Benzinkanister, Wagenheber oder neue Batterien haben die Gelben Engel nicht dabei, da für den Anhänger zu schwer und zu sperrig. Angeblich können die Gelben Engel mit dieser Ausrüstung 80 Prozent aller Pannen beheben. Starthilfe geben oder den Wagen öffnen, ist ein Kinderspiel. Der auf dem Foto abgebildete sportliche Mitvierziger macht den Eindruck, als wäre es für ihn tatsächlich auch physisch ein Leichtes. Kräftig unterstützt vom E-Motor seines Bikes, der an der Ampel auf „Turbo“ geschaltet wird, was den Antritt und die Fahrt mit dem schwer beladenen Anhänger erheblich erleichtert.

Neue Impulse für das Miteinander von Auto- und Radfahrer*innen

Pannenhilfe mit dem E-Bike – für die von Autos verstopften Innenstädte eine geniale Idee. Und außerdem stärkt das ADAC Pannenhelfer-Projekt das Fahrrad als Verkehrsmittel. Ich wünsche mir als Autofahrer und Radfahrer mehr Mit- und weniger Gegeneinander. Der ADAC liefert mit seinem Pannenhilfe-Projekt hierzu wichtige Impulse. Mehr noch, das Projekt wurde inzwischen sogar ausgeweitet: seit Neuestem kommen die Gelben Engel auch Radfahrerinnen und Radfahrern zu Hilfe – vorausgesetzt, sie sind ADAC-Mitglieder. Im Moment bin ich platt. Das als Radfahrer und ADAC-Mitglied zu wissen, macht auch Ah!

Ich habe mir dann zum Schluss das Foto des Pannenhelfers samt Ausrüstung noch einmal genauer angeschaut. Irgendetwas war merkwürdig und anders als man es sonst vom ADAC gewohnt ist. Es dauerte eine Weile, bis ich den Unterschied entdeckt hatte: Das E-Bike hat kein Dach. Und weil es kein Dach hat, hat es auch kein Warnblinklicht, stattdessen einen Wimpel am Anhänger. Wie bisher das gesamte Projekt, habe ich auf dem Foto auch den Wimpel übersehen. Hoffentlich kein schlechtes Omen, was die Wahrnehmung und Sicherheit der Pannenhelfer im Straßenverkehr angeht. Aber übersehen zu werden, das ist man ja als Radfahrer eh gewohnt. Willkommen ihr Gelben Engel in der harten Welt der Fahrradmobilität, die durch euch nicht mehr ganz so panne ist.

Autor des Beitrags

Wolfram Stahl

Wolfram Stahl

Pressesprecher

Pressesprecher am Standort Berlin. Früher Hörfunk-Redakteur, Reporter und Moderator beim WDR in Köln, dann Korrespondent in Berlin. Einer, der von Vielem wenig und von Wenigem viel weiß. Deshalb bestens geeignet als Generalist, dafür ziemlich talentfrei Spezialist. Besondere Fähigkeit: sich rasch in ein Thema einzuarbeiten nach der Devise: Einfach machen! Im doppelten Sinne. Denn nichts ist so kompliziert, als dass es nicht verständlich gemacht werden könnte. Und da Ungeduld eine meiner größten Stärken ist, fällt mir Machen sowieso leichter als Warten.

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