Warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um in den Prüf- und Zertifizierungsmarkt für Elektromobilität zu investieren: Antriebsbatterien von E-Autos auf dem Prüfstand.

Elektromobilität boomt

Ein einfacher Blick auf die Straße und in die Statistiken reicht, um das festzustellen. Beispiel Deutschland: Die Zahl der Neuzulassungen bei rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen lag im gesamten Jahr 2019 bei 63.000. Allein von Januar bis Oktober 2020 stieg die Zahl der Neuzulassungen auf über 98.000. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht ein renommierter Hersteller mit einem neuen Hybrid-Modell oder einem vollelektrischen Fahrzeug auf den Markt rollt. Dazu noch ein Blick in die Ankündigungen: Voraussichtlich werden 2021 auf dem europäischen Markt mehr als 200 vollelektrische Fahrzeugmodelle zu haben sein. 2018 waren es nur knapp 60.

Das heißt: Elektromobilität boomt. Aber gleichzeitig gilt eben auch: Die Kunden sind zögerlich. Das ursprünglich durch die Bundesregierung gesteckte Ziel, im Jahr 2020 eine Anzahl von einer Million zugelassener elektrischer Fahrzeuge zu erreichen, ist gescheitert. 3,6 Millionen Pkw wurden 2019 in Deutschland neu zugelassen – davon eben nur die oben genannten 63.000 E-Autos. Aktuell liegt der Anteil der vollelektrischen und hybriden Fahrzeuge auf deutschen Straßen bei niedrigen 0,5 Prozent. In Norwegen, dem Vorreiter in Sachen Elektromobilität, beträgt dieser Anteil rund 10 Prozent. Luft nach oben.

Lange Wartezeiten auf freie Testkapazitäten

Die aktuell extrem hohe Dynamik im Markt für Elektromobilität wird dabei allerdings an einer Stelle ausgebremst, über die selten berichtet wird. Gravierend ist die Situation beim Thema der fehlenden Prüfkapazitäten von Traktionsbatterien. Hier gibt es derzeit für einzelne Prüfungen teilweise erhebliche Wartezeiten auf freie Testkapazitäten von 6 bis 8 Monaten. Das ist im Wettbewerb ein dramatischer, ein sehr negativer Faktor, denn Zeit und Schnelligkeit sind für die Hersteller elementare Faktoren im Kampf um die Marktanteile von morgen.

vollelektrische Fahrzeugmodelle in 2021

Genau das ist der Grund, warum wir uns entschlossen haben, in diesen Markt erheblich zu investieren. Wir investieren jetzt in den Aufbau von Kapazitäten zur Prüfung von Traktionsbatterien im europäischen Markt. Denn diese Kapazitäten sind jetzt sehr knapp und werden auf absehbare Zeit sehr knapp bleiben. Deshalb gilt auch für uns Tempo zu machen: In den kommenden Monaten werden wir über 20 Millionen Euro in ein rund 2.000 Quadratmeter großes Testzentrum investieren. Ab September 2021 wollen wir im Einsatz sein. Das ist machbar, weil wir bestehende Infrastruktur nutzen – und ein einzigartiges Umfeld.

Partner schaffen – Partnerschaft

 

Wer wir sind? TÜV Rheinland als global agierender Prüfdienstleister und das junge Aachener Startup ConAC. Neues entsteht in unserem Gemeinschaftsunternehmen TÜV Rheinland Automotive Component Testing, das das Labor im Gewerbepark Avantis betreiben wird. ConAC ist ein Tochterunternehmen der PEM-Gruppe mit ihrem Hauptgesellschafter Professor Achim Kampker. Spätestens da wird die enge Verbindung auch zur RWTH Aachen klar, denn Achim Kampker ist Inhaber des Lehrstuhls

für Produktionstechnik für Elektromobilitätskomponenten (Production Engineering of E-Mobility Components, PEM) an der RWTH Aachen. Und wie der Vorstandsvorsitzende von TÜV Rheinland – Dr. Michael Fübi – ist Achim Kampker Mitglied im Expertenrat der NRW-Landesregierung für Elektromobilität. 150 Jahre Prüferfahrung gepaart mit technologischer Innovation für heute und morgen. Hier findet ein gemischtes Doppel zueinander, das jetzt schon hervorragend eingespielt ist.

Grenzgänger

Es gibt eine weitere Besonderheit: Unser Labor entsteht in einem Gebäude exakt auf der niederländisch-deutschen Grenze. Das heißt: Arbeiten wir im Labor, wechseln wir ständig das Land – mal Deutschland, mal Niederlande. Ein wunderbares Gefühl und Symbol in einem internationalen Team, das für Hersteller für und auf dem europäischen Markt arbeiten wird. Grenzüberschreitende Partnerschaft.

Das Joint Venture führt aber vor allem auch dazu, dass wir ab sofort Leistungen anbieten können, die weit über das herkömmliche und reine Prüfgeschäft hinausgehen. Im Duett TÜV Rheinland und PEM-Gruppe sind wir in der Lage, für die Automobil- und Zuliefererbranche die gesamte Wertschöpfungskette rund um Traktionsbatterien von Fahrzeugen abzudecken: von Unterstützung bei der Entwicklung über umfassende Tests bis zur Typprüfung. Denn klar ist: Sicherheit und Verlässlichkeit sind Voraussetzungen für innovative Produkte, um im Markt überhaupt bestehen zu können. Weitere technische Innovationen auf dem Markt der Traktionsbatterien wiederum kommen permanent – und diese können wir so kompetent begleiten. Gleichzeitig gilt es für uns dann, die Testszenarien selbst stetig zu prüfen und weiterzuentwickeln. Beides können wir im Joint Venture abdecken. Ein Pluspunkt für die gesamte Branche und den Innovationsstandort NRW.

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Globales Netzwerk mit über 500 Fachleuten

Wir von TÜV Rheinland sind bereits weltweit in der Prüfung von Speichersystemen und Batterien für nahezu alle Anwendungen aktiv. Gleiches gilt für das internationale Kompetenzteam für die Homologation, also die Genehmigung neuer Typen von Kraftfahrzeugen und Fahrzeugkomponenten zur Erlangung der Straßenzulassung in allen führenden Märkte.

Eben dieses Team wird ergänzt durch das Know-how und Netzwerk aus der PEM-Gruppe, die 2014 als Ableger an der RWTH Aachen von Professor Kampker mitbegründet wurde. Unser Joint Venture zum Betrieb des neuen Prüfzentrums wird somit bereits zum Start über hochqualifizierte Fachleute mit einem breiten und langjährigen Fach- sowie Branchen-Know-how verfügen.

schwere Batterien können getestet werden

Sicherheit und Qualität: Prüfungen nach internationalen Anforderungen

Geplant ist, dass im Vollbetrieb 25 Fachleute in dem neuen Testzentrum Batterien bis zu einem Gewicht von rund 800 Kilogramm allen gängigen Tests unterziehen können. Ferner können entwicklungsbegleitende Validierungen für Hersteller durchgeführt werden. Zum Leistungsspektrum unseres Labors gehören neben den erwähnten obligatorischen Testumfängen für Hersteller auch weitergehende freiwillige Tests nach Herstellervorgaben zur zusätzlichen Qualitätssicherung, beispielsweise auf Basis der Prüfvorschrift LV 123 und 12 für Hochvolt-Batterien.

Erweiterung schon vor dem Start geplant

Technisch wird das Labor gewiss bei Eröffnung das modernste seiner Art in ganz Europa sein: Zur Ausstattung gehören unter anderem große Klimakammern zur Simulation extremer Temperaturschwankungen und -belastungen (-40 bis +90 Grad Celsius) sowie von Luftfeuchtigkeit (10 bis 95 Prozent), eine Salz-Korrosionskammer, ein Teststand für Spritzwasser sowie ein Prüfstand zur Simulation von Schwingungen und Stößen. Darüber hinaus verfügt das Labor über Anlagen zur Simulation der Lebensdauer und Haltbarkeit einschließlich Be- und Entladen der Batterien und über eine eigene Bunkeranlage für Falltests, Nagelpenetration, Über- und Tiefenentladung, Druck, Quetschung und Brandsimulation.

Ziel ist es, sowohl alle gängigen Sicherheitsstandards umfassend abprüfen zu können als auch auf spezifische Prüfverfahren nach Kundenbedarf in enger Zusammenarbeit zu entwickeln. Im Fokus steht dabei zunächst der stark wachsende Prüfmarkt für Traktionsbatterien von Fahrzeugen, aber perspektivisch soll das Testangebot auf weitere Speicheranwendungen und Antriebstechnologien ausgeweitet werden. Und auch ein Erweiterungsbau ist schon geplant. Der wird dann im Jahr 2022 in Betrieb genommen – mit noch mehr Testmöglichkeiten und Kapazitäten. Bunkeranlage für zerstörende Prüfungen inklusive.

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Lesen Sie hier die Pressemeldung:

Elektromobilität: TÜV Rheinland steigt in Prüfung von Antriebsbatterien ein

Autoren des Beitrags

Artur Schneider (TÜV Rheinland)

Artur Schneider (TÜV Rheinland)

Projekt Manager Strategie Mobilität

Artur Schneider beschäftigt sich mit Projekten rund um Elektromobilität. Nach seiner Forschungstätigkeit im Themengebiet der Batterietechnologie ist der promovierte Chemiker bei TÜV Rheinland eingestiegen. Seitdem treibt er die Planungen zur Realisierung eines Batterieprüffelds im Unternehmen voran. Artur Schneider wohnt mit seiner Familie in Leichlingen und ist in seiner Freizeit beim Wasserball sportlich aktiv.
Ansgar vom Hemdt (PEM Motion)

Ansgar vom Hemdt (PEM Motion)

Bereichsleiter Battery Testing

Ansgar vom Hemdt ist Bereichsleiter für das Themenfeld Batterietesting bei der PEM Motion GmbH und in dieser Rolle mitverantwortlich für den Aufbau des neuen Batterieprüffeldes in Kooperation mit dem TÜV Rheinland. Von Beginn an liegt sein beruflicher Fokus auf der Elektromobilität mit Schwerpunkt Lithium-Ionen-Batterien. Als gebürtiger Aachener freut er sich umso mehr das neue Prüffeld mit dem TÜV Rheinland in Aachen realisieren zu können. Privat verbringt Ansgar vom Hemdt viel Zeit mit seiner jungen Familie und Freunden, sportlichen Aktivitäten und handwerklichen Tätigkeiten.

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Kommentare

1 Kommentar

  1. Hannes Bartschneider

    Ein sehr interessantes Labor. Ich wusste gar nicht, dass hier auch Brandsimulationen durchgeführt werden können. Macht aber wohl Sinn, damit alle Sicherheitsstandards geprüft werden können.

    Antworten

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