Türkis, Grün, Blau – die Farben klingen nach himmlisch schönem Meer. Na gut, es gibt auch die Bezeichnungen Grau, RED II und klimaneutral. Gemeint ist Wasserstoff, der zunehmend in den Fokus rückt. Medial wird Wasserstoff eng mit der Energiewende verknüpft, als alternativer Energieträger gehandelt. Ich selbst habe Wasserstoff bisher nicht einordnen können. Nun, ein Versuch:

 

Erinnern Sie sich an das Periodensystem der Elemente aus dem Chemieunterricht? Die Ordnungszahlen? Wasserstoff, kurz H, hat die Ordnungszahl 1, steht an erster Stelle der tabellarischen Übersicht, diese wiederum in jedem Chemiebuch auf Seite eins. Es ist das häufigste Element im Universum und kommt in vielen Verbindungen vor, beispielsweise im Wasser, bekannt als H2O. Warum aber wird nun eine 2 daran gehängt, also H2?

Politische Rahmenbedingung

Kurz: H steht für atomaren Wasserstoff und H2 für ein farb- und geruchloses Gas – korrekter: ein Wasserstoffgas. Um Letzteres geht es in der Energiewende. Durch den Einsatz von Wasserstoffgas sollen weniger fossile Energien genutzt werden. Grundsätzlich ist H2  im Verkehr, in Gebäuden oder in der Industrie als Energieträger denkbar. In der chemischen Industrie beispielsweise spielt Wasserstoff als sekundärer Energieträger bereits seit langem eine Rolle. Das Thema ist topaktuell – und die Politik hat reagiert, genau wie TÜV Rheinland:

Am 9. Juli 2020 hat sich der Nationale Wasserstoffrat zu seiner konstituierenden Sitzung getroffen, initiiert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Ziele der Nationalen Wasserstoffstrategie sind unter anderem die Etablierung des Wasserstoffs aus erneuerbaren Energien, die Schaffung der regulativen Voraussetzungen oder die Stärkung der deutschen Wirtschaft durch Forcierung der Forschung. TÜV Rheinland wiederum gründete Anfang des Jahres das Wasserstoff-Kompetenzcenter. Unser Ziel ist es, die Entwicklung und Bereitstellung von Wasserstoff-Dienstleistungen entlang der Wertschöpfungskette technisch zu unterstützen – von der Produktion bis zur Anwendung.

Gewinnung in Farben

Zurück zu den Basics: Wie wird Wasserstoff gewonnen? Wie wird daraus Energie? Wasserstoff kann durch verschiedene Verfahren gewonnen werden. Und je nach Herstellungsart erhält er eine Farbe zugeordnet.

Grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff ist klimaneutral, denn er wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, bei der ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet wird.

Blauer Wasserstoff

Blauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen hergestellt. Ein Verfahren dafür ist die Dampfreformierung. Theoretisch würde so CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Doch bei diesem Verfahren wird das erzeugte CO2 abgetrennt und gespeichert. Das nennt sich Carbon Capture and Storage (CCS). Unterm Strich gilt auch diese Produktionsmethode als klimaneutral.

Türkiser Wasserstoff

Türkiser Wasserstoff entsteht, wenn Erdgas mithilfe der Methanpyrolyse in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespaltet wird. CO2 entsteht zwar bei diesem Prozess nicht, jedoch fällt hier die aufwendige Förderung des Erdgases ins Gewicht.

Grauer Wasserstoff

Grauer Wasserstoff wird durch die Dampfreformierung von fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Erdgas gewonnen. Das dabei entstehende CO2 wird ungenutzt emittiert.

Soviel zu den Farben. Nun wird noch von klimaneutralem Wasserstoff gesprochen. Dabei kann es sich sowohl um die grüne als auch um die blaue Variante handeln, aber der CO2-Fußabdruck muss „Null“ oder geringer sein. RED II klingt zwar auch nach einer Farbe, gemeint ist aber klimaneutraler Wasserstoff, der zusätzliche Kriterien der Renewable Energy Directive II (RED II) beziehungsweise der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen erfüllt.

TÜV Rheinland Standard H2.21 Klimaneutraler Wasserstoff

Zertifizierung mit Prüfzeichen: Immer wieder stehe ich hochachtungsvoll vor meinen Kolleginnen und Kollegen, wenn sie Regelwerke auspacken. Sie kennen sich aus, entwickeln Standards und finden Lösungen. Auch für Wasserstoff haben sie Prüfkriterien veröffentlicht: Der Standard von TÜV Rheinland heißt H2.21 Klimaneutraler Wasserstoff. Nach einer Zertifizierung unterschreiben sie mit ihrem Namen. So auch für das Thema Hydrogen, wie die englische Bezeichnung für Wasserstoff lautet.

Entlang der gesamten Wasserstoff-Lieferkette gibt es Möglichkeiten, den CO2-Gehalt gering zu halten oder zu kompensieren. Daher betrachten meine Kolleginnen und Kollegen bei der Zertifizierung den Gestehungsprozess vom Anfang bis zur Anwendung. Ist die Zertifizierung erfolgreich, erhalten unsere Kundinnen und Kunden unser Prüfzeichen – natürlich auch international. Ein offensichtliches Zeichen, das die Unternehmen gern nach außen tragen. Unser Kompetenzcenter ist jedoch deutlich breiter aufgestellt. Rund 50 Kolleginnen und Kollegen beschäftigen sich mit Wasserstoff aus unterschiedlichen Perspektiven: von der Industrieprüfung über Mobilitätsanwendungen, Produktprüfung und Systemzertifizierungen bis zu den Themen Training, Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit.

Autorin des Beitrags

Nicole Krzemien

Nicole Krzemien

Social Media + Pressesprecherin

Sie ist jeden Tag erneut fasziniert von ihrem vielfältigen Job und ihren sachverständigen Kollegen. Wissbegierig versucht sie Innovationen auch in ihren Alltag zu verfrachten. Sie liebt den Spagat zwischen Beruf und Familie, ist gerne am oder auf dem Wasser und liest noch mehr als sie schreibt.

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Kommentare

1 Kommentar

  1. Hans Peter Pape

    Ich habe bereits einen gleichlautenden Kommentar zu dem Artikel über unser Engagement zum Thema Wasserstoff in BluEye eingestellt. Hier noch einmal:

    Ich finde es hervorragend, dass wir uns auf diesem Gebiet führend in Stellung bringen. Ich sehe solche Aktivitäten als Teil des Kerns unseres Firmenauftrages im Sinne unseres Firmenlogos Mensch – Technik – Umwelt.

    P.S.: Noch besser wäre es, wenn wir nicht nur Anderen den Weg der Tugend aufzeigen, sondern auch selber zum Vorzeigeobjekt werden, z.B. durch eine regenerativ operierende Fahrzeugflotte, Stromtankstellen auf dem riesigen Mitarbeitendenparkplatz, Aufstellen von PV-Modulen.
    Die Lieferanten all dieser Komponenten sind alles unsere Kunden, und die würden es sicher begrüßen, wenn wir selber nicht nur als Bewerter auftreten, sondern auch zum Anwender werden.
    Im übrigen sind solche prestigeträchtigen Maßnahmen auch wichtig für das Anwerben neuer MitarbeiterInnen, denn die achten auf so etwas bei der Auswahl ihres neuen Arbeitgebers.

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